Interdisziplinärer Behandlungsansatz

Unser interdisziplinärer Behandlungsansatz

Wir im Netzwerk empfehlen keine schnellen Trennungen, sondern halten eine gute Vor- und Nachbereitung für maßgeblich, um langfristige Verbesserungen erzielen zu können. Unser Netzwerk zeichnet sich dadurch aus, dass wir interdisziplinär zusammen arbeiten – mit dem Ziel das beste Ergebnis für die Betroffenen zu erzielen.

Dabei orientieren wir uns am interdisziplinären Behandlungsansatz der DEFAGOR („Deutsche Fachgesellschaft für Behandlung oraler Restriktionen e.V.“), in der auch einige unserer Mitglieder vertreten sind oder waren.

Überblick über die Fachdisziplinen

Stillberatung

Sowohl bei Stillproblemen, als auch bei auffälligem Trinkverhalten an der Flasche, ist es sinnvoll eine individuelle Stillberatung in Anspruch zu nehmen, um möglichen Ursachen auf den Grund zu geben. Eine orale Restriktion ist dabei nur ein mögliches Puzzleteil von vielen. Auch die Umstände der Geburt, das Handling beim Stillen oder Nähren mit der Flasche, sowie die persönlichen Rahmenbedingungen können eine maßgebliche Rolle für die Probleme spielen.

Eine Stillberatung wird oft im Rahmen der Hebammenbetreuung nach der Geburt angeboten, es gibt jedoch auch freiberufliche Stillberaterinnen, die in Anspruch genommen werden können. Bei Verdacht auf ein zu kurzes Zungenband und/oder Lippenband, sollte eine Hebamme oder Stillberaterin hinzugezogen werden, die umfassend zum Thema orale Restriktionen fortgebildet ist.

Wir im Netzwerk sind der Meinung dass, insbesondere bei einem Verdacht auf eine orale Restriktion, eine Stillberatung immer vor Ort (und nicht online) stattfinden sollte. Denn nur so ist eine Munduntersuchung möglich, die Aufschluss über die Zungenbeweglichkeit geben kann.

Wir sehen die Rolle der Hebamme oder Stillberaterin aber nicht nur in der Unterstützung beim Stillen oder Nähren mit der Flasche, sondern auch in der Begleitung der Familie vor und nach der Frenotomie. Sie bereitet die Familie auf den Eingriff und das aktive Wundmanagement (AWM) vor, unterstützt sie nach der Trennung bei der Durchführung des AWMs und steht der Familie als Ansprechpartnerin zur Verfügung.

Körpertherapie

Mit einem verkürzten Zungenband entstehen Kompensationen, welche Auswirkungen auf den ganzen Körper haben können. Daher ist es sinnvoll, sowohl vor als auch nach einer Frenotomie körpertherapeutische Maßnahmen zu ergreifen. Dies kann bei Osteopath*innen, Physiotherapeut*innen, Chiropraktor*innen oder ähnlichen auf dem Gebiet der oralen Restriktionen fortgebildeten Therapeut*innen sein.

Anatomisch steht der Mundboden beispielsweise in direkter Verbindung zu Nervenaustrittsstellen im Hinterkopf, zum Schlüsselbein, Schulterblatt und Zwerchfell. Durch eingeschränkte Zungenbeweglichkeit entsteht steter Zug auf den Mundboden, was dann wiederum Zusammenhänge zu Verdauungsstörungen, Irritationen verschiedener Muskeln und Asymmetrien des gesamten Körpers hervorrufen kann.

Differentialdiagnostisch suchen Körpertherapeut*innen auch nach weiteren funktionellen Störungen wie Kompressionen und Spannungsmuster, welche Einfluss auf die Zungenbeweglichkeit haben können.

Myofunktionelle Therapie

Da die Zunge ein muskuläres Organ ist und nach einer Trennung nicht von alleine die volle Funktion übernehmen kann, ist ein Training der Zungenmuskulatur sinnvoll.

Erwachsene oder Kinder über drei Jahre können meist aktive Übungen durchführen. Babys hingegen sind diesbezüglich noch nicht in der Lage. Deshalb muss passiv am Kind gearbeitet werden. Das bedeutet, dass eine erwachsene Bezugsperson den muskulären Aufbau gezielt unterstützt.

Myofunktionelle Übungen sollten therapeutisch angeleitet und individuell – je nach anatomischer Voraussetzung – sowohl auf das Kind als auch auf die durchführende Person abgestimmt werden. Dies beschleunigt den Prozess der AWM-Maßnahmen und falsche Bewegungsmuster der Zunge, die sich durch die zuvor eingeschränkte Beweglichkeit eingespielt haben, können schneller korrigiert werden. Dadurch wird ein uneingeschränktes Stillen oder Nähren an der Flasche begünstigt.

Myofunktionelle Therapie wird primär von Logopäd*innen, aber auch einigen Ergotherapeut*innen angeboten. Bitte achten Sie bei der Auswahl einer/eines Therapeutin oder Therapeuten darauf, dass die Fachperson auf Säuglinge spezialisiert und zum Thema orale Restriktionen fortgebildet ist.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Sofern uns eine Schweigepflichtsentbindung vorliegt, stehen wir sowohl untereinander (d.h. mit den mitbehandelnden Fachdisziplinen), als auch mit der/dem trennenden Ärztin/Arzt regelmäßig in Kontakt.

So lassen sich Kommunikationswege deutlich verkürzen und eine bestmögliche Behandlung für die Betroffenen erzielen.